Sonntag Aktuell, 12, Februar 2012 / Mannheimer Morgen Sonntagsausgabe

"Ohrenschmaus" bei den Märchentagen

Mannheim. Floskel "das hat es noch nie gegeben" ist inzwischen wirklich ao abgenutzt, wie nur möglich. Meist aufmerksamkeitsheischend warten Veranstalter darauf, das Gäste deswegen in großer Zahl erscheinen, weil es das, was man da an Großem zu bieten hat, "so noch nie gegeben" hat.
Schaut man an diesem Abend aber ins Mannheimer "Ramenlicht" stehen da bescheiden und dennoch voller Enthuisasmus Festivalchef Tilo Bender und Erzähler Dirk Nowakowski, um den 3. Märchentagen eine Note zu geben, die in der Tat ganz Neues erwarten lässt.

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VON MARKUS MERTENS

Ganz geerdet präsentieren sie sich und sind dabei völlig ihrer Sache/den Märchen, verpflichtet, nicht aber dem großen Rummel. Ein "Ohrenschmaus" sollen in den drei Stunden einfach "nur" die Geschichten sein, die Nowakowski zu erzählen hat. Und davon gibt es reichlich. Ganz elementar und puristisch wird es werden, nur die Orte wechseln. Drei Mal, immer auf dem Weg in neues Fahrtwasser. Dass dieses Paket genau das richtige für einen Abend sein würde, an dem 18 Menschen sich versammelt haben,

Foto: Tröster

Dirk Nowakowski zog im Rahmen der 3. Mannheimer Märchentage die Zuhörer in seinem Bann

um sich in fremde Welten entführen zu lassen, ist bis dahin noch jedem ein Geheimnis, denn man feiert hier eine echte Premiere. Die will auch rasch ihren Lauf nehmen. Kaum in der Buchbinderei Schrimpf angekommen, legt Nowakowski schon den ersten Scheit ins Feuer. Zu dem Boden, auf dem man steht, muss sie freilich passen. Doch eine bibliophile Geschichte zu finden, scheint für den Mann, der von sich selbst sagt "einen Tag und eine Nacht lang" erzählen zu können, nicht schwer zu sein. Mit dem Lesen ging es den meisten im Mittelalter da deutlich schwerer. Denn das war eine Sache der Gelehrten und Eliten. Nur dem Teufel war es ein Leichtes das gedruckte Wort zu entziffern und so suchte er sich seinen Gegner in einem Sohn, der zunächst bei ihm in die Lehre ging und dann doch wieder zurück zu seiner Familie flüchten wollte. In ein Garnknäuel, einen Singvogel und einen Barsch verwandelt er sich, um Luzifer ein Schnippchen zu schlagen. Doch es will und will nicht klappen, denn der Teufel liest in geheimen Büchern und die verraten ihm die Tricksereien seines einstigen Lehrlings ganz genau. Allein die unsterbliche Liebe zur Königsprinzessin vermag diesen Bannkreis zu brechen und den Teufel in sein Reich zurück zu zwingen.
Es hat etwas Magisches, wie Nowakowski diesen fantastischen Geschichten Leben verleiht Er erzählt sie nicht einfach. Obwohl man fest auf beiden Beinen steht, glaubt man sich in seine Worte hinein-träumen zu können, als erlebte man wahrhaftig, was einem da so brillant vorgetragen ins Ohr dringt.
Keine Frage, Dirk Nowakowski gehört zu den Besten seiner Zunft. Vor 26 Jahren fing er damit an Worte für die staubigen, alten Schädel auf Ahnenbrettem im Mannheimer Reiss-Museum zu finden, die er vorstellte. Er gab der Völkerkunde damit nicht nur ein Gesicht, Nowakowski gab ihr Bedeutung, indem er sie erzählte. So werden auch der Aufenthalt im Blumenladen "Klatschmohn" auf der reise nach Persien und das kalte Grönland in "Waddels Reiseladen" zum einzigartigen, fassbaren Erlebnis. Detailverliebt und unnachahmlich authentisch haucht Nowakowski der Geschichte des kleinwüchsigen Inuit-Jungen, der ein Riese wurde, seine Seele ein. Ein Bild der Leidenschaft - und ein wunderschön-verträumtes dazu.

 


 

Wormser Zeitung
Kulturnachrichten aus Worms und Umgebung vom 13.09. 2008

Ein würdiger Platz für den Tempel-Bau

Erzähler Dirk Nowakowski befasst sich mit Märchen
und Sagen des jüdischen Kulturkreises

Der renommierte Märchenerzähler Dirk Nowakowski war schon häufig in Worms, dieses Mal jedoch weder im Nibelungenmuseum noch im Heylshof, sondern im Lincoln Theater, und befasste sich im Rahmen der jüdischen Kulturtage mit jüdischen Märchen und Sagen.

BühneWo war das noch?" sagte Dirk Nowakowski immer mal wieder halb zu sich selbst, als müsse er in seinem jahrtausende alten Gedächtnis kramen. Und dann fiel es ihm glücklicherweise auch gleich wieder ein: In Krakau war´s und Prag, den Städten mit prägender jüdischer Vergangenheit, oder auch in der ostjüdischen Stadt Chaim, in der die Seelen der Einfältigen gehäuft zu Erde fielen, als dem Engel beim Verteilen des Verstands ein Malheur passierte. Natürlich hätte Nowakowski auch Worms nennen können, denn die Wundergeschichten des Synagogendieners Juspa Schammes, Ende des 17. Jahrhunderts erschienen, waren in der damaligen jüdischen Welt ein "Bestseller", aber das wäre denn doch Eulen nach Athen getragen gewesen.

Foto: Hans-Dieter Niepötter / masterpress

Wege zum Glück
Dirk Nowakowski erzählte, wie König Salomo einen Platz fand, der würdig war, um Gottes heiligen Tempel darauf zu bauen, und wie er hinter das Geheimnis eines armen Schusters kommen wollte, der allen Widerständen zum Trotz immer wieder einen Weg fand, um glücklich zu sein. Der König, Sinnbild der Gerechtigkeit, spielte auch eine Rolle in der Geschichte von der gutherzigen Frau, durch die Gott selbst im Unglück ein großes Wunder wirkte.
Ein goldener Schatz ist oft die Ursache für Zank und Streit, nicht so bei den Vätern von Jona und Mirjam, die eine "salomonische" Lösung fanden, um den Reichtum gewinnbringend anzulegen. Einen herrlichen Garten wollte das junge Paar davon finanzieren, doch Jona, der zum Kauf von Sämereien und Setzlingen auf den Markt geschickt wird, gab das ganze Geld dran, um gefangene Singvögel zu retten. Klar, dass diese "paradiesische" Geschichte befriedigend endete, eine Verheißung für alle, die ein "gutes Herz" haben. Die Geschichte von der Teigsuppe mit wohlschmeckenden Paradieskräutern, die ein Rabbi am Ufer des Djnepr verzehrte und der seine Sehnsucht noch in der Todesstunde galt, gehört in die gleiche Kategorie.

Voll tiefer Weisheit
Danach gab´s die bezaubernde Sage von Rudolf II., der im Traum erlebte, was es heißt, verkannt zu werden und Unrecht zu erfahren. Das änderte seine Einstellung den Juden gegenüber. Vom Herschele, der seinen Truthahn für 200 Goldstücke verkaufen wollte, vom Schlemihl aus Chaim, dem Pechvogel, dem alles - wie erwartet - misslang, vom Rabbi Eisack, der über Umwege den Schatz zu Hause unterm Ofen fand, und schließlich vom gerissenen Todi, der dem geizigen Nachbarn mit den eigenen Waffen schlug, handelten die folgenden heiteren Geschichten, allesamt voller Weisheit und wunderbar nuancenreich erzählt.

Man hätte noch endlos zuhören können! Begeistert beteiligte sich das Publikum beim Kettenmärchen vom Großväterchen, das um seinen Schabbesfisch gebracht wurde, und bekam als Kontrastprogramm eine Antwort auf die ewige Frage zu hören: Wie ist es im Himmel? Wie ist es in der Hölle? Die Bedingungen sind gleich, der Unterschied liegt darin, ob die Menschen selbstsüchtig und neidisch damit umgehen oder ob sie sich liebevoll und überlegt um einander bemühen.

 


KRAICHGAU
Montag 16.10.2006


 


Fortsetzung
im neuen Jahr

Erzähler fesselt
Im Bann der Wortmagie von Dirk Nowakowski

Die vom Wormser Märchen und Sagenkreis gemeinsam mit dem Museum Heylshof veranstaltete Reihe "Märchen unter dem Kronleuchter" wird im kommenden Jahr fortgesetzt.




























Ptr.- Nein, er braucht keine Begleitung. Er braucht keine Mätzchen, keine Verkleidung, kann weder Zaubertricks noch Jonglieren. Er kann sich ganz auf die Ausdrucksstärke seiner Sprache und auf die Ausstrahlungskraft seiner Persönlichkeit verlassen: Dirk Nowakowski, Märchenerzähler von Format. Da steht er im Runden Saal des Heylshof vor seinem Publikum mit einem leisen Lächeln. Dann zwei, drei Sätze und die Zuhörer folgen ihm gebannt und fasziniert bis zum Schluss. Bis ans Ende einer fantastischen Märchenreise durch Gebirge, Wüsten, Eis.
Wenn es um Volksmärchen geht, ist der Wormser Märchen- und Sagenkreis erste Adresse. So konnte man - wie Hannelore Schwarz als Vorsitzende zu Recht in ihrer Begrüßung unterstrich, dem Wormser Märchenfreunden im Rahmen der Reihe "Märchen unter dem Kronleuchter" immer erstrangige Erzählerinnen und Erzähler vorstellen. Nowakowski wurde seinem Ruf als einer der besten Erzähler Südwestdeutschlands voll gerecht. Vom großen Erzählfestival in Köln kommend, wusste er das stilvolle Umfeld des Heylshofs zur Entfaltung seiner Wortmagie sehr zu schätzen.

 

Er richtet das Ohr seiner Hörer auf die Mythen und Märchen fremder Völker. Versiert verstand er dabei die Abfolge seiner Geschichten so zu mischen, dass bei aller Spannung immer wieder das Lächeln durchkam. Etwa in der vergnüglichen Geschichte jenes Schusters, der als wahrer Lebenskünstler selbst den König zu überlisten verstand und auch aus der ärgsten Bedrohung seinen Kopf durch List zu retten vermochte.
Nowakowski hat viel in Völkerkundemuseen erzählt und sich dafür ein bedeutendes Hintergrundwissen erarbeitet. Denn nur so kann man beispielsweise Märchen der Inuit (Eskimo), die noch ganz im Mythos verhaftet sind, angemessen erzählen und den Zuhörern erläutern. Etwa, dass für diese Märchen zum Beispiel die Metamorphose eine entscheidend Bedeutung hat.
Volksmärchen sind Poesie pur. Die ruht zwar zwischen den Buchseiten wie weiland Schneewittchen im Glassarg. Doch wenn Erzähler kommen, die sie frei erzählen und dabei dennoch die Sprache erhalten und nicht nivellieren, so entfaltet sie sich. Als solcher Erzähler erwies sich Dirk Nowakowski, den das Publikum zu Recht mit langem Beifall verabschiedete.


11.11.2001 Paulinus Nr. 45

Den Zauber der Märchenwelt entfalten
Katholische öffentliche Büchereien mit vielen Aktionen bei den rheinland-pfälzischen Bibliothekstagen

Von Claudia Liersch und Rainer Schmitt

Mit über 400 Veranstalt-ungen haben landesweit über 200 Bibliotheken kleine und große Bücherwürmer in die Bibliotheken gelockt: Auch einige der Katholischen Öffentlichen Büchereien im Bistum Trier beteiligten sich aktiv an den Bibliothekstagen.

Neben verschiedensten Lesungen standen vom 24. Oktober bis zum 4. November, dem Buchsonntag,   auch   Weihnachtsbuch- und Hobbykunstausstellungen sowie Märchenspiele für die kleinsten Leser auf dem Programm. Im folgenden eine kleine Auswahl von vier Veranstaltungen - stellvertretend für die vielen anderen Aktionen.





 

 

 

 

 

 

Sieben Geschichten zauberte Dirk Nowakowski aus sieben Taschen: Mit ausladender Gestik zog er 150 Kinder im evangelischen Gemeindehaus in Gusterath in den Bann der Märchen. Fotos: Liersch (3), Schmitt (1)
Die Märchen aus ihrem „Gefängnis" befreien

Mit „Sieben Geschichten aus sieben Taschen" verzauberte Dirk Nowakowski 150 Kinder der St.-Martin-Grundschule Gusterath-
Pluwig im evangelischen Gemeinde-haus: Ein Stück Seil, eine Muschel,
ein Hähnchen aus Holz, ein Klumpen Dreck, ein alter Zettel, ein Krug und Zeichenkohle dienten dem Mächenerzähler als Anknüpfungs-punkte für seine Geschichten. „Erzählen kann jeder - wenn er von dem erzählt, was er liebt", ist Nowakowski überzeugt;



er selbst hat die Lust am Erzählen während seiner Tätigkeit im Mannheimer   Reichsmuseum entdeckt. „Die Märchen sind zwischen den Buchdeckeln gefangen; erst wenn sie erzählt werden, können sie ihren ganzen Zauber entfalten." Hauptsächlich erzählt Nowakowski Liebesmärchen für Erwachsene - aber am 31. Oktober entführte er-die Kinder mit seinen „lusti­gen, blöden und traurigen Geschichten" in die Welt der internationalen Märchen.